CfP: 9. Studentische Fachtagung: Demokratie & Krise

Vom 25. bis zum 27. August 2023 findet die 9. studentische Fachtagung der Deutschen Nachwuchsgesellschaft für Politik- und Sozialwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover statt.

Die vergangenen Jahre haben die Demokratie als politisches (Werte-)System weltweit herausgefordert: Pandemie, Kriege und Konflikte, Naturkatastrophen und Klimakrise. Krisen als Herausforderungen der Demokratie sind im 21. Jahrhundert allgegenwärtig. Was bedeutet dies für die Zukunft des demokratischen Zusammenlebens?

Diesen Fragestellungen möchten wir als DNGPS e.V. im Rahmen unserer 9. Fachtagung mit euch und euren Beiträgen auf den Grund gehen. Es sollen heoretische Ansätze mit empirischer Forschung in den Austausch gebracht werden, um neue Perspektiven und Einsichten zu ermöglichen. Den vollständigen Call for Papers findet ihr untenstehend und hier als PDF.

Willkommen sind Beiträge von Bachelor- und Masterstudierenden sowie Promovierenden (in der Anfangsphase) aus den unterschiedlichen Fachdisziplinen der Politik- und Sozialwissenschaften.

Abstracts mit maximal 300 Wörtern auf Deutsch oder Englisch können zusätzlich zu einer kurzen Selbstbeschreibung bis zum 15. Mai 2023 per E-Mail über fachtagung@dngps.de eingereicht werden. Die allgemeine Konferenzsprache ist Deutsch, Vorträge können aber ebenfalls auf Englisch gehalten werden.

Mit allen weiteren Fragen könnt ihr euch an info@dngps.de wenden.


Demokratie und Krise

Was ist eine Krise? Warum ist etwas krisenhaft?  Wie entstehen und wie wirken Krisen? Und wie reagieren verschiedene Gesellschaften, politische Systeme und Akteur*innen auf Krisen? Bereits die Frage danach, welche Phänomene überhaupt unter dem Begriff der ‘Krise’ gefasst werden, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Denn eine Krise kann einzelne Individuen oder bestimmte soziale Gruppen betreffen, aber auch gesamte Gesellschaftsgefüge durchdringen. Ob etwas als gesamtgesellschaftliche Krise aufgefasst wird oder nicht, und wie diese Krise definiert wird, ist letztlich auch ein Resultat bestehender Macht- und Herrschaftsstrukturen.

Auf der 9. studentischen Fachtagung der DNGPS soll ein besonderes Augenmerk auf das Verhältnis von Demokratie und Krise gelegt werden. Es soll diskutiert werden, wie auf der einen Seite Krisen diskursiv und materiell produziert werden und auf der anderen Seite wie sie auf demokratische Art bewältigt werden können – und durch reale Demokratien bewältigt werden. 

Die sich ergebenden Fragen können empirisch wie theoretisch erörtert werden. Im Folgenden wollen wir eine Auswahl an möglichen Themengebieten vorstellen, an denen sich Einreichungen orientieren können. Diese ist aber keineswegs erschöpfend, sodass gerne auch Vorschläge über Themen zum Verhältnis Demokratie und Krise, die nicht explizit erwähnt werden, eingereicht werden können.

Demokratie

In der Debatte um den Zustand des liberalen Demokratiemodells begegnet uns der Krisenbegriff seit mehreren Jahrzehnten mit Kontinuität: Ob es sich um Stürme auf Parlamente, den wachsenden Zuspruch zu populistischen oder rechtsextremen Positionen und Parteien oder die abnehmende Zustimmung zur (liberalen) Demokratie als bestmögliche Herrschaftsform handelt. Das Urteil lautet stets: Die Demokratie befindet sich in der Krise. An diese Diskurse anschließend stellen sich diverse weiterführende Fragen: Was bedeutet die ständig beschworene Krise der Demokratie? Welche Krisen verbergen sich womöglich hinter der viel attestierten “Krise der Demokratie”?

Autoritäres Begehren

Sind es die multiplen Krisen der Gegenwart, die die Demokratie als solche in die Krise stürzen? Haben Krisen grundsätzlich immer eine Tendenz zur Verstärkung autoritärer Entwicklungen? Unter welchen Bedingungen gelingt es autoritären Akteur*innen, Krisen erfolgreich für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren und Wähler*innen zu mobilisieren? Und worin besteht auf Seiten der Bürger*innen der Anreiz, sich in Krisenzeiten autoritären Positionen und Akteur*innen zuzuwenden? Wie können Demokratien auf diese autoritäre Gefährdung antworten?

Lebenswelten der Krise

Wie wirken sich Krisen auf unsere Lebenswelten, unsere Selbst- und Fremdwahrnehmung aus? Welche Rolle spielen Vulnerabilität und vermeintliche Immunität im Erleben der Krise? Während soziale Bewegungen wie die globale Klimabewegung, oder Protestbewegungen gegen rassistische Polizeigewalt um die Anerkennung der krisenhaften Zustände kämpfen, fordern Gegenbewegungen, wie zuletzt Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, mit Nachdruck eine gesellschaftliche Verdrängung der Krise. Wie konstituiert sich das Bewusstsein der Krise und wie formt die lebensweltliche Erfahrung den gesellschaftlichen Umgang mit der Krise und folglich auch die Krise selbst?  

Mit welchen Reaktionsmustern und Lösungsstrategien antworten Individuen auf gesamtgesellschaftliche Krisen – und inwiefern können diese zu existenziellen individuellen Krisen werden? Wie organisieren sich Individuen, wenn institutionelle Gegebenheiten und Strukturen versagen oder zusammenbrechen? Und unter welchen Bedingungen können sich in der Krise neue demokratische Formen des Zusammenlebens entwickeln?

Wissenschaft

In der Bewertung, aber auch der Erläuterung einer Krise, spielt Wissenschaft eine zentrale Rolle. In Bezug auf die Bewältigung der Klimakrise und der Pandemie etwa tritt die politische Dimension von  Wissenschaftskommunikation in den Vordergrund. Sozialwissenschaften sind gefragt, Institutionen und soziale Bewegungen zu bewerten. In diesem Themenfeld können Fragen der Wissenschaftskommunikation, der politischen Verantwortung der (Sozial-)Wissenschaften sowie der gesellschaftlichen und institutionellen Rezeption von Wissenschaft diskutiert werden. Welche Bedeutung kommt etwa wissenschaftlicher Expertise bei der Erklärung notwendiger (gesellschaftlicher) Transformationsprozesse zu? Und inwiefern kann wissenschaftliche Erkenntnis zur Prävention von Krisen beitragen?

Neue Medien

Mit dem Bedeutungsverlust der Legacy-Medien haben sich die Strukturen, in denen die gesellschaftliche Bewertung von Krisen verhandelt wird, stark verändert. Social Media und alternative Medienstrukturen treten in Bezug auf die multiplen Krisen, insbesondere der Corona-Pandemie, aber auch im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, als zentrale Foren der öffentlichen Diskussion in den Fokus.

Während Neue Medien und soziale Netzwerke einerseits marginalisierten Gruppen und Individuen diverse Möglichkeiten für Öffentlichkeitsarbeit bieten, ermöglicht der Wegfall von klassischen Gatekeepern auch die Verbreitung von Verschwörungserzählungen und Desinformation.

Während Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen in Neuen Medien Krisen diskutieren und verhandeln, werden diese Plattformen auch von rechtsradikalen und rechtsextremen Kräften aktiv zur Verbreitung anti-demokratischer Inhalte sowie zur Mobilisierung ihrer Anhängerschaft genutzt. Welche Rolle spielt sozialmediale Krisenkommunikation für den (Wahl-)Erfolg rechtsradikaler und -extremer Kräfte? Und wie verhandeln Aktivist*innen Krisen in den Neuen Medien? Welche Bedeutung kommt sozialen Medienplattformen im Hinblick auf die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnis in Krisenzeiten zu?

Russlands Krieg gegen die Ukraine

Die sicherheitspolitische ‘Zeitenwende’ Deutschlands als Antwort auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist selbst eine Reaktion auf eine Krise. Dies zeigt, dass Krisen eine Eigendynamik entfalten und zu einem unvorhergesehenen Wandel im Selbst- und Fremdverständnis internationaler Akteure führen können. Geopolitische Fragen werden neu gestellt und Theoriebestände der Internationalen Beziehungen, aber auch ganz konkrete politische Fragestellungen, auf wortwörtlich umkämpften Boden neu verhandelt. Das Schicksal der Ukraine bleibt dabei eng verknüpft mit der Integrität der europäischen Sicherheitsarchitektur und dem Bestehen des Völkerrechts. Ebenso umkämpft sind jedoch die innenpolitischen Verhältnisse der Ukraine im Schatten des Kriegs. Das Spannungsverhältnis zwischen der Innen- und Außenpolitik der Ukraine eröffnet ein mediales Schlachtfeld über sie selbst hinaus, in welchem Berichterstattung, Einflussnahme und Kriegspropaganda miteinander verschwimmen. 

Klimakrise 

Die Klimakrise ist kein lineares Ereignis, sondern birgt als multidimensionales Phänomen hohes Konflikt- und Krisenpotential. Neben dem Erreichen kritischer Klimakipppunkte, dem Zusammenbruch ganzer Ökosysteme und der Häufung von Naturkatastrophen droht auch eine Krise unseres Selbstverständnisses als Mensch.

In Debatten um die Benennung der gegenwärtigen geologischen Epoche als „Anthropozän“, „Kapitalozän“ oder „Chthuluzän“ wird die Rolle des Menschen als entscheidender Einfluss auf das Erdsystem verhandelt. Dabei geht es maßgeblich um die Verteilung von Verantwortung. Denn welche Systeme, Institutionen, Staaten und Gruppen in der Verantwortung zu handeln sind, ist neben der Frage, was zu tun ist, hart umkämpft.

Wie werden diese Aushandlungen über Verantwortung national und international geführt? Welche berechtigten und unberechtigten Annahmen über Betroffenheit von der Krise leiten die Akteure? Welche Institutionen sind der Krise gewachsen?

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